Noch mehr Dummelbrumm

 


Du musst der Rudelführer sein, sonst dominiert dich dein Hund!  Diesem Irrtum wird oft nachgelebt und das geht auf Kosten unserer Tiere. Mit Rudelkonstellationen meinen Unwissende nicht nur irgendwelche zusammenlebende Tiergruppen, sondern auch Verbände von Mensch und Hund. Dabei sind beide Interpretationen nicht richtig Eine Hundegruppe ist ein Verband der aus Tieren aus verschiedenen Rudeln bestückt ist. Richtig ist, dass ein Rudel immer nur ein Familienverbund ist. Alle anderen Zusammensetzungen haben mit einem Rudel nichts zu tun. Weil der Mensch kein Hund ist, wird er vom Hund auch nicht als solchen wahrgenommen. Somit kann der Mensch auch nicht Rudelführer, geschweige denn Alphatier sein. Selbst in einem Rudel gibt es das Alphatier nicht. Dort ist jedem Mitglied sein Job zugewiesen für den er Verantwortung zu übernehmen hat. Als Alphatiere kann man höchstenfalls die Hündin und den Hund bezeichnen, die für die Zeugung der Nachfolgeschaft verantwortlich ist, weil sie die besten und stärksten Gene miteinander vereinen. Mit Dominanz hat es nichts zu tun wenn ein Hund an der Leine reisst, am Menschen hochspringt, auf dem Bett oder Sofa liegen will, dem Halter über den Beinen liegt etc. Der Hund zeigt solches Verhalten aus Stress, aus Aufregung oder einfach weil er sich in einer bestimmten Situation wohlfühlt.
Aus Hundesicht sind diese Verhalten nicht falsch, er hat ja nichts anderes gelernt. Möglicherweise hat man ihm dafür keine Regeln gesetzt, oder man hat ihm das gewünschte nicht beigebracht oder es stimmt für den Halter. Vielleicht war man aber einfach nicht konsequent genug und hat ihm einmal etwas durchgelassen und ein anderes Mal auf eine korrekte Ausführung gepocht und das hat den Hund dann verwirrt. Sogenannte dominierende Massnahmen wie auf den Rücken legen, Schnauzengriff, am Nacken schütteln oder andere aversive Strafmassnahmen sind alte Schule die in einer modernen Erziehung keinen Platz mehr haben. Solche Tätlichkeiten bringen Vertrauensverlust in den Halter mit sich und sind absolut nicht förderlich für das Selbstvertrauen des Hundes. Auch ist nicht selten zu beobachten, dass Hunde mit solchen Erfahrungen diese dann weitergeben, sobald sich bei schwächeren Gegenüber die Gelegenheit dazu bietet.

 

Er soll es aus Liebe zu mir tun, und nicht für Leckerlis! Bei viele Menschen muss der Hund als Kinderersatz herhalten. Und dabei werden viel zu hohe Anforderungen an den Hund gestellt, denen er niemals gerecht werden kann. Bei anderen aber muss der Hund als Befehlsempfänger herhalten der zu tun hat, was man ihm sagt und möglichst keine Eigeninitiative entwickeln darf. Bei beiden Arten von Haltung ist die Meinung weitverbreitet, dass er alles was man von ihm verlangt gefälligst «für mich und nicht für Leckerlis» tun soll und muss. Bei soviel Selbstherrlichkeit wird das Wesen Hund mit seinen Bedürfnissen ganz vergessen. Es geht auch vergessen dass der Hund ein Opportunist ist der am liebsten etwas tut wenn es ihm dabei gut geht. Ist ja beim Menschen nicht anders. Dem geht es am Ende des Monats auch sehr gut, wenn er seinen Lohn bekommt oder zwischendurch für eine gute Arbeit mit einem Bonus belohnt wird, und sei es nur eine Tafel Schokolade. Warum soll also der Hund keine Belohnung erhalten wenn er eine Arbeit die der Mensch von ihm verlangt gut macht? Belohnung im richtigen Augenblick verstärkt erwünschtes Verhalten, und Lernen kann entstehen. Mit Leckerli hat man zusätzlich noch den Vorteil, dass das emotionale Gleichgewicht des Hundes immer auf einem Level gehalten werden kann, bei dem der Hund ansprechbar und wenn er gut trainiert ist, ausführen kann, was von ihm verlangt wird. An Stelle von Leckerli kann man ihn aber auch mit Streicheleinheiten, lobenden Worten, einem Spielzeug oder mit etwas tun lassen was er liebt verwöhnen.

 

Mit Spielaktivitäten die Energie bündeln! Auch wenn man es zwischenzeitlich besser weiss, ist dieses Märchen immer noch allgegenwärtig und wird munter praktiziert. Wie wir Menschen auch, ist auch der Hund mit Trieben ausgestattet. Auf Grund von Zuchtzielen zu bestimmten Verwendungszwecken sind gewisse Rassen mit stärkeren oder schwächeren Trieben gezüchtet worden. Was aber für alle gilt ist die Tatsache, dass, wo es keinen Reiz gibt, auch kein Trieb ausgelöst wird. Natürlich können triebstarke Hunde schon sensibel auf die feinsten Reize reagieren. Aber egal wie gross die Triebkonstellation ist, er wird durch äussere Faktoren ausgelöst. Den soviel erwähnten Triebstau gibt es nicht. Je öfters und intensiver äussere Reize stimulieren, desto sensibler reagiert der Hund. Kurz und bündig gesagt: Je mehr unkontrolliertes Ball oder Frisbee werfen, jagdsimulierende Gestik, hohe Schreie desto triebhafter reagiert der Hund. Kann der Hund dann durch die Reize die sich auftuenden Triebe nicht befriedigen, staut sich Frust auf und je nach Frusttoleranz des Hundes können sich dann gewaltige Übersprungshandlungen entwickeln.

 

Hunde müssen mit Härte erzogen werden! Wohl dem der eine solche Meinung vertritt, aber von uns soll er sich fern halten. Mein Mitleid für Hunde die bei einer solchen Haltung die Arschkarte gezogen haben ist enorm. Leinenruck, Würge- oder Stromhalsbänder, oder das jetzt auch wieder von Rütter propagierte Wasserspritzen oder scheppernde Gegenstände schmeissen, sind Methoden, die nur Menschen anwenden die überfordert sind. Eigentlich sollte bei solchen Erziehungsmethoden eine Haltung in Frage gestellt werden. Trainer, die solche Methoden anwenden argumentieren, dass unerwünschtes Verhalten damit unterbunden werden kann. Das mag auf kurze Dauer der Fall sein. Aber es ist eben nur eine Symptom- und keine Ursachenbehandlung. Das Verhalten wird über kurz oder lang wieder auftreten. Verhalten das nicht erwünscht wird, braucht erst eine genaue Abklärung. Ist die Ursache dann ausgemacht, braucht es ein feinfühliges Vorgehen damit eine Umorientierung stattfinden kann. Geht man aber mit der Axt dahinter und will das Verhalten mit Gewalt verändern, hat man den Effekt, dass der Hund ein Meideverhalten aufbaut, also aus Angst das Unerwünschte nicht mehr tut. Dass sich das ganze negativ auf das Vertrauen zum Halter auswirkt versteht sich von allein. Sie werden auch sehr schwierig zu lesen denn ihre Körpersprache wird unklar. Aus Angst vor gewaltsamer Züchtigung haben sie nicht mehr den Mut klar zu kommunizieren. Sie erleiden Schädigungen und zwar nicht nur körperliche. Und sie können zu Dynamit mutieren. Wenn das Ganze zuviel wird, sind Attacken auf Menschen oder Artgenossen vorprogrammiert. Und schuld ist dann immer der Hund. Mit Zeit, Ruhe, Klarheit und Konsequenz kommt man viel weiter. Der Hund lernt gerne und die Regeln, die wir ihm beibringen müssen oder wollen, wendet er dann auch mit der Zeit von sich aus und mit grosser Selbstsicherheit und Zuverlässigkeit an, weil es ihm unter dem Kontext «Lernen ist etwas Schönes, es tut gut» beigebracht worden ist.

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