lichter die immer brennen


man hat es gewusst. vom ersten tag an hat man es gewusst. tag x wird irgendwann kommen. jahrelang konnte man es verdrängen. oberflächlich hat man vielleicht mal darüber gesprochen, es aber sofort wieder von sich weggeschoben. ein thema das gerne tabuisiert wird, und dennoch einen festen platz in unserem leben einnimmt. das abschiednehmen müssen. loslassen müssen, etwas das sehr vielen menschen schwerfällt. tiere haben es diesbezüglich leichter. sie leben im moment und sind nicht andauernd mit zukunftsgedanken behaftet. bei uns menschen hat loslassen und sich neuem zuwenden auch immer mit zukunftsängsten zu tun. rituale müssen neu geschaffen werden. sicherheitspfeiler müssen neu kreiert werden. ganz egal ob es sich beim verlust um einen menschen oder ein tier handelt. kein stein bleibt mehr auf dem anderen. auf einmal fallen die gewohnten spaziergänge weg. der futternapf der nicht mehr gefüllt werden muss, steht traurig in der ecke. der angefangene futtersack sucht einen neuen abnehmer bevor der inhalt ranzig wird. nimmt man leine oder gstältli in die hand, kommen die tränen hoch. routionemässig öffnet man die kofferraumtür um dann zu merken, dass der geliebte vierbeiner da nie mehr hinein- und herausspringen wird. und selbst die box scheint einem traurig anzustarren, wie wenn sie sagen möchte, mein lieber bewohner ist nicht mehr, ich bin so wertlos geworden,  hektisch versucht man sich abzulenken. aber eigentlich wäre ruhe und den gedanken nachhängen an die schöne zeit die man zusammen verlebt hat, viel produktiver. denn genau diese gedankenflüsse die an das gemeinsam erlebte erinnern kleben langsam aber stetig ein trostpflaster über die wunde. eine wunde die immer wieder aufbrechen wird, denn flashbacks die an die schöne zeit erinnern werden nun den alltag prägen. mit der zeit verblassen nicht die erinnerungen, aber der schmerz wird erträglicher und der kopf wird etwas freier, die emotionen weichen etwas der rationalität. man kann sich langsam eingestehen, das richtige zum richtigen zeitpunkt gemacht zu haben. nicht unbedingt im eigenen interesse aber im interesse des wesens, das man so sehr geliebt hat. bei vielen dreht sich die frage immer wieder um den zeitpunkt. habe ich richtig gehandelt oder hätte ich doch noch etwas zuwarten sollten. selbstzweifel kommen auf. ich glaube jeder der sein tier liebt macht sich genau diese gedanken.und das ist auch richtig so. aber sie dürfen nicht zum märtyrium werden. man hat sich aus guten gründen entschieden und diese entscheidung ist unumstösslich. ich unterstelle jetzt mal, dass fast niemand eine solche entscheidung leichtfertig trifft. von unseren kunden sicher niemand, da bin ich mir sicher. wir werden öfters mit der frage konfrontiert, ob wir genauso gehandelt hätten wären wir in der selben situation gewesen. für uns eine frage, die wir unmöglich beantworten können. wir fragen dann jeweils nach, was für verhalten des hundes dieser entscheidung vorausgegangen sind. es gibt gewisse indikatoren mit denen der hund anzeigt, dass er bereit für den abschied ist. diese anzeichen sind aber auch wieder individuell sehr unterschiedlich. wenn ein geriatrischer hund zum beispiel keine anteilnahme am täglichen leben mehr nimmt, seine ruhe in stillen ecken sucht, kann man ziemlich sicher davon ausgehen, dass er sich vorbereitet. diesem hund merkt man sehr gut an, wenn der zeitpunkt gekommen ist. xaver, mein pekingese konnte zum beispiel seine verrichtung nicht mehr unter kontrolle halten. er jammerte ganz fürchterlich, als er dann das futter auch nicht mehr anrührte, wusste ich, nun ist der zeitpunkt gekommen. laika meine sheltie hündin, zeigte an nichts mehr interesse, die augen waren innert stunden ganz milchig geworden und ich merkte, alles ist nur noch qual. shiva, verlor ich durch gift. da musste ich am tag nach der giftaufnahme die entscheidung treffen, ob ich sie weiter behandeln lassen will, oder gehen lasse. sie durfte gehen, denn nach drei hirnschlägen denke ich, wäre für sie jede weitere minute unerträglich gewesen. und von lebensqualität eher keine als noch eine spur. meine quirlige, lebenslustige nina, eine meiner hündinnen in costa rica, musste ich erlösen weil sie dermassen unter allergien litt, dass wir alle, inklusive den tierärzten nicht mehr weiter wussten. alle medis waren ausgeschöpft, keines zeigte mehr eine wirkung. da habe ich, und das gebe ich gerne zu, nicht nur für den hund, sondern auch für uns beteiligte so entschieden. wir konnten einfach das elend dem der hund ausgesetzt war, nicht mehr ertragen. ich sehe heute noch ihre augen vor mir als ich sie in den arm nahm und mich von ihr verabschiedete und ich bin mir ganz sicher, in ihrem blick habe ich dankbarkeit gesehen. richi, mit uns von der schweiz nach costa rica ausgewandert, war hochbetagt als ich ihn erlösen musste. eine treue seele mit dem ich sehr viel unternommen und erlebt habe, der mit mir durch höhen und tiefen in meinem leben gewandert ist. er ist 17 jahre alt geworden. eines morgens stand ich auf sah ihn an, er mich, und ich wusste, dass es das nun gewesen ist. sein blick war so voller trauer aber hatte auch etwas flehendes, abgeklärtes als möchte er mir mitteilen, dass für ihn der zeitpunkt nun gekommen ist und es für ihn so stimmt. er war so ein tolles wesen, den ich unter keinen umständen leiden lassen wollte, und so nahm ich tränenreich abschied. bei all meinen hunden die tränen sind immer noch ganz vorne wenn ich von ihnen schreibe oder wenn ich mir fotos vergangener schönen stunden anschaue. aber es sind auch tränen des glücks und der zufriedenheit, dass wir viele schöne stunden zusammen erleben durften, zeiten die unvergesslich sind. und das gibt kraft und energie zum weitermachen. es gibt aber auch ein boden und eine chance für einen nachfolge hund. denn ein solcher hat es doch verdient, dass ich vom wissen und den praktischen erfahrungen die ich mir durch die hundehaltung angeeignet habe, profitieren kann. auch wenn wir wissen, dass im normalfall der mensch den hund überlebt und sich eines tages der kreislauf wieder schliesst und die schwierige entscheidung des abschied nehmens und des loslassens wieder eine frage sein wird. 


   

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