huevos calientes, huevos frios



sitz! wird der hund freundlich aufgefordert. bello zeigt kein interesse. sitz! bello hat es anscheinend nicht gehört. und dann schon etwas ungeduldiger, weil der hund immer noch keine anstalten macht der aufforderung nachzukommen, ertönt schon wieder der befehl, bello! sitz. aber bello scheint definitiv wieder einmal tomaten auf den ohren zu haben. sitz! schallt es nun etwas lauter durch die gegend. und dann wird es schon etwas ungemütlich, denn bello bleibt einfach stur auf seinen vier beinen stehen. nun ist aber fertig, ich habe sitz gesagt. sitz nun endlich. jetzt sitz verdammt noch mal, wie oft muss ich es noch sagen? die geduld am anderen ende der leine löst sich langsam in luft auf. peinlich ist noch, dass man seinem freund, der einem begleitet zeigen wollte was der hund so alles kann. und nun macht er nicht einmal ein einfaches sitz. der halter verliert nun die contenance vollends und blafft seinen hund an mit einem weiteren strengen sitz! und ein paar unschönen wörtern  und macht einen schritt frontal auf ihn zu. aber wie es der teufel so will, reagiert bello noch immer nicht, sondern duckt sich leicht weg und schaut den halter mit grossen augen an. auch das letzte nun mit flehender stimme angesagte sitz ignoriert bello, fährt mit der zunge aber beschwichtigend über die lefzen. scheint sich nun ein spiel aus der situation zu machen. meint der halter zu seinem freund mit ärgerlicher stimme und zuckt hilflos die schultern. und etwas verlegen meint er dann noch, dass der hund diese übung sonst immer perfekt abliefern würde, er habe keine ahnung was heute mit bello los sei. leider hat es der halter verpasst, seinen hund richtig zu lesen und hat nicht wahrgenommen, was ihm sein hund mitteilen hat wollen. nämlich, dass es einen trifftigen grund gibt, warum bello das sitzen nicht ausführen kann.

ob sitz oder platz, das ist einerlei. interessanterweise sind das aber die zwei kommandos an denen viele menschen das können von hunden messen. ich habe nachbarn, die jedesmal wenn sie mich mit meinen hunden antreffen, ihnen ein leckerli mit lehrmeisterlich erhobenem zeigefinger zustecken wollen. habe ich ihnen bereits mühsam beigebracht, dass sie nur eines von den meinen geben dürfen, habe ich es nie hinbekommen, dass sie begriffen haben, dass meine hunde dabei kein sitz machen müssen. trotzdem kommt jedesmal die aufforderung zum sitz, und noch einmal sitz was meine hunde dann einfach nicht tun. enttäuscht, weil sie meine hunde, trotz ihrer vermeintlich grossartigen dressurkunstversuchen nicht ins sitz bringen, folgt dann der spruch, dass meine hunde so was von dumm wären. mich kostet das jedesmal ein etwas ironisches grinsen. ich verlange dann das leckerli zurück, sage luege, das kommando für kontaktaufnahme, und gebe ihnen das leckerli wenn sie mit mir in kontakt sind. sehr zum entsetzen meiner nachbarn, denn ihnen ist irgendwann mal beigebracht worden, dass man hunden nur bei absolutem gehorsam ein leckerli verabreichen soll. und sitz ist ein kommando, luege, kontaktaufnahme also, aber nicht. natürlich sind sie der meinung, dass wir bei elreto als hundeausbildner eine absolute katastrophe sind, weil unsere hundehalter*innen den rat bekommen auf diese kommandos zu verzichten, und die bei uns ausgebildeten hunde das vermeintlich überaus wichtige sitz- und platzmachen nicht perfekt beherrschen müssen. aber damit leben wir sehr gut. auch auf vielen hundeplätzen sind diese zwei kommandos immer an vorderster front in der prioritätenliste bei der basisausbildung anzutreffen. warum, frage ich mich. warum soll ein hund immer sitzen müssen oder platz machen. und dann noch auf kommando. egal ob der boden matschig ist und er sein hinterteil da reinsetzen muss, oder ob der boden kalt ist und er sich unterleibsverkühlungen einhandeln kann, was unter umständen mit einer blasenentzündungen endet, oder ob der boden von der sonneneinstrahlung aufgeheizt ist und er sich im empfindlichen und oft haarlosen genitalberich verbrennen kann, was bei intakten rüden dann die huevos calientes oder huevos frios zur folge hat. überall muten halter*innen, die ihren hund und sich selber auf das sitz oder platz konditioniert haben, ihrem hund diesen unsinn zu. ja selbst halter*innen die oft das sitz und platz anwenden, verleiben sich dieses kommando dermassen ein, dass ohne darüber nachzudenken, jedesmal der befehl zum sitz oder platz machen kommt, wenn der hund keine bewegung ausführen soll. dabei ist es doch viel einfacher, wenn man mit dem hund einfach nur das warten übt. dabei spielt es doch keine rolle wie der hund wartet, ob im sitzen, stehen oder im platz, von grosser wichtigkeit ist, dass er an ort und stelle verbleibt. das verweilen auf einer bestimmten stelle gibt doch einen erzieherischen sinn, aber doch nicht die körperhaltung des hundes. es ist vom erzieherischen her unsinn einem hund etwas beizubringen das er von natur aus schon kann. ist doch angenehmer für den hund wenn ihm die freiheit gelassen wird eigenständig zu entscheiden in welcher position er sich am wohlsten fühlt. so kann er sich ganz nach seinem empfinden einrichten was gerade bei älteren hunden immer wieder ein thema ist. viele unserer hunde leiden wenn sie älter werden an körperlichen schwächen. wie wir menschen auch. das bücken wird mühsam, es zieht in den gliedern beim treppensteigen, das austeigen aus dem auto wird zu einer knochenverbiegung, vom stuhl springt man nicht mehr mit dem gleichen elan auf wie in jüngeren jahren. die position des stehens ist oft bequemer. und so geht es unseren vierbeinern auch. das sitzen schmerzt in der hüfte weil vielleicht schon arthrose oder rheuma den körper bei gewissen bewegungen zum schmerzen bringt, das platz machen geht noch, aber das aufstehen wird mühsam, das aussteigen aus dem auto wird zum horror und viele hunde verweigern dann die befehle. nicht weil es ihnen freude macht ihren halter*in damit sauer zu machen, sondern weil sie einfach den schmerzen ausweichen wollen. die langen spaziergänge die sie noch absolvieren müssen sind schon belastung genug, warum also die hunde dann noch quälen mit unsinnigen kunststücklein. 


eines tages bekam ich ein anruf wegen einem schäferhund der, schon älteren jahrganges, auf einmal aggressives verhalten anzeigte. sehr schnell kam bei der evaluation heraus, dass der hund bei jeder sich bietenden gelegenheit ins sitz befohlen wurde. sitz, da, sitz dort sitz einfach überall. eine vorgängige trainerin habe ihr den rat gegeben, dass hunde nur unter kontrolle gehalten werden können wenn sie sich im sitz oder platz befinden. die halterin war sogar noch stolz, dass ihr hund das inzwischen so gut machte. mir fiel sehr schnell auf, dass der hund das sitzen eben nicht so toll fand wie die halterin meinte. er kam der aufforderung auch immer nur zögerlich nach, und sass sehr verkrümmt und unnatürlich. das hinterteil nie ganz auf dem boden. sie aber meinte, weil er dieses kommando sehr gerne ausführe, würde sie da keine veränderung vornehmen wollen. dass er  in die leine  biss wenn das sitzen zu lange dauerte, und alles was sich bewegte anbellte, assoziierte sie nicht mit dem sitzen. nach etlichem zureden liess sie sich wenigstens überzeugen, auszuprobieren, ob der hund sein verhalten verändert, wenn sie ihn nur warten lässt, und er sich dann entscheiden kann welche position ihm die angenehmste ist. und welch ein wunder, auf einmal waren die aggressionen weg. auf einmal konnte der hund wieder ruhig den befehl ausführen und über längeren zeitraum die position aushalten. sie liess ihn dann medizinisch abklären und es stellte sich in der tat heraus, dass meine vermutung, er könnte sich im anfangsstadium einer hüftarthrose befinden, bewahrheitete. die halterin verzichtete ab da den hund immer ins sitz zu beordern. etwas später hat sie mir aber auch mitgeteilt, wie schwierig es für sie sei die umstellung vorzunehmen. sie merke erst jetzt mit was für einem automatismus sie völlig gedankenlos diese zwei kommandos immer noch zu oft befehlige. auch bei uns menschen braucht es halt zeit bis wir von gewohnheiten lassen können und open mind für neue wege sind. 

bei elreto wird das steh, sitz und platz auch geübt, aber nur als alternativverhalten, beim tricks einüben oder beim anzeigen von gegenständen. in der basisausbildung nimmt es aber keine beherrschende stellung ein. wir können so verhindern, dass sich bei mensch und hund automatismen entwickeln die man nur mit viel aufwand wieder umorientieren kann.






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